Meerschaum an der Cote d’Opale

20. – 26. Februar

Ja richtig, es war wieder einmal Karneval (im Rheinland) und für uns unsere obligatorische Flucht. Ziemlich kurzentschlossen hatten wir als Ziel wieder einmal die französische Küste des Ärmelkanals gewählt.

Nein, nicht weil wir schauen wollten ob denn die Kreidefelsen von Dover nach dem vollzogenen Brexit des Königtums Großbritannien noch zu sehen sind.

Ans Meer wollten wir auf alle Fälle und bei einer knappen Woche boten sich die rd. 300 km Anreise bis an die Cote d’Opale eben an.

Nach etwas über drei Stunden Fahrt – und dieses Mal ohne besondere Auffälligkeiten (vor 5 Jahren hatten wir uns ja den oberen Flügel unseres Tores ins Dachblech gedrückt) – kamen wir vor Ort an. Dieses Jahr sind wir auch fast bis Wissant über die noch mautfreie Autobahn in Frankreich angereist. Was uns dann jedoch, nachdem wir die Autobahn verlassen hatten und an der Küste entlang fuhren sofort auffiel waren die vielen Parkplätze, auf denen wir damals noch unseren KaWa parken konnten. Sie waren jetzt mittels des unter Wohnmobilreisenden bekannten Besenstiels (zumeist auf 2,10 Meter, teilweise aber auch auf 1,90 Meter angebracht) für uns gesperrt, teilweise nur mit diesem Besenstiel ohne das ein entsprechendes Schild oder Hinweis „Wir wollen nicht dass sie hier parken, fahren sie bitte weiter“ angebracht war. Bei unserer Suche nach einem PARKplatz ging es uns wirklich ums Parken und nicht ums Übernachten, wofür wir ja noch Verständnis hätten, auch wenn viele Campingplätze erst ab April wieder geöffnet haben.

Insgesamt schon einmal ein Wehmutstropfen für diesen eigentlich schönen Landstrich. Wir hatten einfach das Gefühl dass es insgesamt noch restriktiver geworden ist. Schade.

Auch in Oye Plage, unserem damaligen ersten Übernachtungsplatz, das gleiche Bild. Diese Holzbalken quer über die Zufahrt, dieses Mal jedoch mit entsprechendem Hinweis „no overnight parking“, dann dem Hinweis auf PKW’s – aber dankenswerterweise auch die Ausschilderung zu einem Parkstreifen entlang der Straße der ausschließlich Wohnmobilen zugewiesen war. Ein Übernachtungsverbot wurde nirgends ausgesprochen.

Eigentlich wollten wir aussteigen und im angrenzenden Naturreservat den Rest des Nachmittags verbringen, aber aus anfänglichem Nieselregen wurde jetzt richtig heftiger Regen und gleichfalls kam kräftig Wind auf. Der Versuch, mit einer Tasse Tee diesen Schauer vielleicht zeitlich zu überbrücken, schlug fehl. Eher wurde der Wind als auch der Regen kräftiger. Wie heißt es so schön „da schickt mensch auch keinen Hund raus“.

Also in den Planer (pro mo…) geschaut und uns dann zunächst für den Platz in Equihen-Plage entschieden, auf dem wir auch damals schon standen. Doch dieser kostenlose Platz war auch mit einer Stange „abgesichert“, dafür aber kurz davor ein jetzt wohl eingerichteter Wohnmobilstellplatz, jedoch ohne Sanitäre Anlagen. Also erneut in den Planer geschaut und uns dann für den Platz in Wissant entschieden.

Voll ja, aber noch ausreichend Platz, vorm Ort gelegen aber trotzdem schnell im Ort als auch am Strand.

Dort machten wir uns am Freitag dann auf zu unserer ersten Wanderung.Gut winddicht eingepackt, denn der Wind, den wir auch nachts schon gespürt hatten (unser KaWa schaukelte ganz schön), hatte eher noch zugenommen.

Am Strand direkt unterhalb Wissant reger Betrieb. Klassische Surfer, aber vor allem auch Kitesurfer tobten sich hier aus, was ihnen scheinbar auch riesigen Spaß machte. Wer wollte es ihnen auch verdenken, denn die auf den Strand zurollenden Wellen hatten schon beachtliche Ausmaße, und das selbst bei Ebbe, die gerade herrschte.

Und was wir auch sahen, oder eigentlich genauer nicht sahen war die Küste Englands, also diese typischen Kreidefelsen von Dover. Sie waren weg, wurden mit dem Brexit der Engländer wohl auch abgebaut …
Doch nein, entweder waren die Wellen hier im Ärmelkanal so hoch oder aber die Sicht nicht ausreichend, obwohl es ja gerade einmal 35 – 40 km sind.

Der Wind nahm in den folgenden Tagen noch zu und ich muss ehrlich gestehen dass ich derartiges zuvor in meinem Leben noch nie erlebt hatte.
Am Cap Gris-Nez, an der Großbritannien nur 33 km vom EU Europa entfernt ist, blies der Wind so stark dass wir uns nur „eiernd“ fortbewegen konnten, wir uns an den Aussichtsplattformen sogar anlehnen bzw. auch festhalten mussten.

 

 

Spannend war es dann auch in Wimereux, dem letzten Örtchen vor Boulogne-sur-Mer, zu dem wir uns denn auf den Weg machten.
Natürlich mit dem Auto.

Auf der Straße, die noch nicht einmal direkt an der Küste entlang führte, flog uns immer wieder Schaum entgegen. In Wimereux selbst waren Dächer, vor allem aber die Fenster mit diesem Schaum bedeckt. Als wir uns dann auf den Weg zum Strand, ans Wasser machten konnten wir sehen woher dieser Schaum kam.

Mit Wucht kam das Wasser, die Wellen auf die Küste zugerollt. Wenn ich jetzt sage es waren riesige Wellen so rührt das daher dass ich derartiges an unseren Küsten noch nicht gesehen hatte. Wenn diese Wellen sich überschlugen schäumten sie das Wasser so richtig auf. In Verbindung mit dem natürlich immer noch herrschendem Wind wurden diese Schaukronen ans Land gedrückt. Er „versammelte“ sich an allen Erhebungen, selbst auf der Treppe die hinunter ans Wasser führte, lag dieser Schaum rd. 10 cm hoch … wenn er nicht gerade von der nächsten Windböe erfasst und ins Dorf getragen wurde.

Selbst zwei Tage später, wo wir erneut eine Wanderung an der Küste entlang machten und sich auch der Wind gut merklich beruhigt hatte waren die Wellen schon noch höher und immer wieder waren auch diese Meerschaumreste zu sehen, neben den unzähligen Betonresten, die eben seit den 1940er Jahren hier vorhanden sind. Das Stichwort hierzu ist „Atlantikwall“.

Inhaltlich werde ich hier nicht weiter auf diese Wahnsinnsidee eingehen. Dazu gibt es im Internet ausreichend Seiten, die sich mit diesem Wall auseinandersetzen.

Wir haben bei einer Wanderung, wieder am Cap Grez-Nez und jetzt mit bedeutend weniger Wind, auf dem Rückweg den ein oder anderen Betonklotz angeschaut, aber auch die Infotafeln gelesen.

So erfuhren wir dass das Departement Pas-de-Calais damals als Stützpunkt für die Invasion Großbritanniens ausgewählt wurde und hier die Todt-Batterie gebaut wurde. Sie bestand aus vier 380 mm Schiffsgeschützen, die mit einer Reichweite von rd. 55 km nicht nur die englische Küste erreichten sondern vor allem die Kontrolle des Ärmelkanals ermöglichte. Zwei von diesen Geschützen sind erhalten geblieben wovon eins im Außenbereich des Museums in Audinghen zu sehen ist.

Ganz egal wohin man hier schaut, überall sind die Betonreste dieser Unterstände, Flakstellungen und natürlich dieser Kasematten zu sehen. Die gesamte Region wurde im Juli 1940 vollständig evakuiert. Als diese Menschen nach der Kapitulation im Oktober 1944 zurückkehrten fanden sie anstelle der ehemals 4 Bauernhöfe nur verwüstete und zerstörte Felder vor. Auch ihr Dorf Audinghen war vollständig zerstört.

Was wir an diesem Tag jedoch auch wieder sehen konnten war die Küste Englands, genauer die Kreidefelsen vor Dover.