Andalsness – Trollstigen – Sunndalstöra – Gjora
200 km
Mit Hilfe des frühen Schlafengehens gelingt es uns, um kurz nach 9 Uhr schon abfahrbereit auf unseren Bikes zu sitzen, obwohl wir sonst ja nicht gerade Frühaufsteher sind. Aber wir hoffen, nachdem es heute Morgen mal nicht regnete, zumindest durch das frühe aufbrechen die Trollstigenfahrt hoffentlich im Trockenen machen zu können. Das Gepäck lassen wir noch in unserer Hytta zurück, wir wollen es erst nach dem Trollstigen mitnehmen.
Es regnet zwar noch nicht, als wir losfahren, aber die ersten herannahenden Regenwolken beginnen, sich an den Höhenzügen festzuklammern. Aber den Trollstigen können wir im Gegensatz zu gestern sehen. Es ist schon faszinierend, wie sich diese 1936 fertiggestellte Straße durch das Isterdal in elf Haarnadelkurven nach oben schraubt. Und für viele Autofahrer eine zu anspruchsvolle Strecke, denn nicht anders ist ihre zaghafte Fahrweise zu erklären. Haltebuchten, um seine Fotos zu machen, gibt es in ausreichender Anzahl, dazu muss nicht im Schritttempo gefahren werden. Die ersten Regentropfen fallen dann auch wieder, wer sagt’s denn. Nicht nur, dass es jetzt ungemütlich wird, auch die tiefen Wolken versperren die Sicht, auch auf die hohen Seitenwände, vor allem die rechte Seite, die Rückseite des Trollveggen. Leider. Also geht es jetzt weiter mit Wolken und dem entsprechenden Nebel, was beides für uns jetzt nichts Ungewohntes mehr ist.
Am Abend zuvor hatten wir uns auch über den weiteren Verlauf unserer Norwegenfahrt unterhalten. Wir stellten beide fest, dass wir uns ganz schön viel Zeit gelassen hatten, aber das entspricht unserem Reisen. Eben Reisen und nicht rasen – was manchmal auch zu Lasten der gesamten Urlaubsplanung führt. Und genau diese Feststellung hatten wir Gestern Abend gemacht, dass unser Ziel „Nordkap“ mit den noch verbleibenden 10 Tagen nur noch mit zügigerem Fahren zu erreichen wäre. Somit hatten wir uns darauf verständigt, dass der Trollstigen damit den Wendepunkt unseres ersten Norwegenurlaubs darstellen wird. Das eröffnet zumindest noch die Chance, dass wir uns in den folgenden Jahren noch zu einem weiteren vierwöchigen Trip aufmachen, dann eben straighter zum Nordkap. Den Schwenk von Oslo dann also erst einmal westlich und vor allem südlich hinunter zum Südkap werden wir uns dann eher klemmen. Ebenso bleiben natürlich auch die Lofoten und vor allem der Polarkreis und damit die ununterbrochene Helligkeit für eine weitere Norwegenreise noch übrig. Naja, wir reden uns natürlich schon ein, dass es z.Z. erheblich später dunkel wird.
Welche Gedanken einem so durch den Kopf schießen, bei diesem trübsinnigen Wetter, obwohl das Fahren auf dieser Serpentinenstrecke hinauf zum Trollstigen natürlich schon anspruchsvoll ist. Aber der immer stärker einsetzende Regen ließ uns nur noch zügig hinauf fahren. Oben angekommen ein kurzer Blick hinunter, wie ihn auch andere an dieser gerade in Bau befindlichen Aussichtsplattform machten. Natürlich in Verbindung mit den obligatorischen Erinnerungsfotos.
Und dann ging es auch schon wieder zurück zu unserer Hytta. Schnell packen wir noch die letzten Sachen ein, trinken aber auch noch gemütlich einen Kaffee.
Da wir ja jetzt schon ein paar hundert Kilometer gefahren sind bocke ich allerdings zunächst noch meine BMW auf den Hauptständer und schaue nach dem Ölstand. Gut, dass ich diesen Blick zuerst noch getan habe, denn das Maschinchen könnte einen guten Schluck gebrauchen.
Aber jetzt kann es endlich losgehen. Der Weg führt uns nun an der Rückseite des Trollstigen vorbei, aber auf dieser Seite sieht es genauso aus, mit tiefhängenden Wolken. Und es regnet gleichfalls schon wieder. Auch nichts Neues. Die Wolken versperren zudem noch die Sicht auf die in ihnen eingewobenen Berge, vor allem die jetzt doch steileren Wände. Leider. Nichts als Wolken und Nebel.
Zwischenzeitlich hatte sich auch eine andere BMW mit zwei Personen besetzt an uns dran gehängt. Als ich zu einem Zwischenstopp rechts ran fuhr zogen sie vorbei – aus Flensburg kamen die beiden. Ich wollte einfach noch einmal mit Moni Rücksprache halten, wie lange wir das noch so weiter machen wollen. Bei diesem Regen und der Nicht-Sicht uns hier durch die bestimmt bei blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein schöne „Bergwelt“ zu quälen. Oder ob wir hier nicht unseren nördlichsten Punkt für diesen Urlaub setzen, umdrehen und dann lieber irgendetwas anderes, gemütliches, vor allem aber trockenes machen. Für Moni war jedoch klar, dass wir jetzt nicht, kurz bevor wir an unserem „nördlichsten Punkt für 2009“ angekommen sind, halten und umkehren. Also weiter. Ein paar Meter weiter stehen die Flensburger am rechten Rand, hatten sich wohl auch ein trockenes Plätzchen gesucht und grüßen, als wir vorbei fahren.
Der nördlichste Punkt unserer Reise erwies sich dann allerdings nicht gerade als schöner Ort für mein Vorhaben, Monika „den“ Heiratsantrag zu machen und unser bisheriges gemeinsames „wildes“ Zusammenleben auf „legale“ Füße zu stellen. Also verschieben, wird vielleicht noch ein passender Ort kommen. Oder sollte ich das etwa als ein Zeichen verstehen?
Na gut, jetzt bloß keinen Kopf darüber machen. Weiterfahren. Bis Sundalstöra, und dort unsere mittlerweile liebgewonnenen oder obligatorischen aber auch typischen Teilchen einkaufen. Und Moni hatte ein Herz, es gab gleich zwei für jeden. „Weil sie klein sind“ meinte sie. Sie unterschieden sich jedoch nicht nur in ihrer Größe von den ganzen Teilchen zuvor auf unserer Norwegenrundfahrt, sondern es waren diesmal Blätterteigteilchen. Also einmal etwas anderes.
Während Moni einkaufen war sprachen mich zwei ältere Herrschaften an. Wir unterhielten uns über Norwegen, das Wetter, das für sie nichts Ungewöhnliches darstellen würde, und über meine BMW. Er sei früher auch mal Motorrad, und auch eine BMW gefahren. Wird es mir später auch so ergehen? Werde ich auch von meiner BMW erzählen, vor allem auch wildfremden Menschen? Ich hoffe, ich kann mich zurück halten oder auch zusammen reißen. Aber zum Schluss musste dann der FC herhalten, nein, nicht der blau-weiße, sondern eben die Bayern. Gerade durch den Meistertrainer Felix Maggath konnten sie allerdings auch mit Schalke etwas anfangen. Als Moni dann kam und merkte, dass das hier noch stundenlang so weiter gehen könnte wurden schnell die Helme aufgesetzt. „Sonst findet ihr überhaupt kein Ende“ meinte sie zu mir. Und wieder hinein in den Regen, weil’s so schön war und ist. Also nichts auslassen. Irgendwann wurde es uns dann allerdings doch zu bunt oder besser zu nass. Unter einer Brücke also wieder rein in unsere Regenschutzhüllen. Denn nach Regenstopp sah es in keiner Weise aus. Für heute zumindest. Unterwegs beschlich mich ständig der Gedanke wie lange noch, denn irgendwie war das ganze heute in keiner Weise „vergnügungssteuerpflichtig“.
Beim nächsten Hinweis auf einen Campingplatz werde ich langsamer, aber weit und breit ist keine Stadt zu sehen, oder sagen wir einmal eine Ansammlung von Häusern oder Höfen. Doch dann entdeckt Moni scheinbar einen Hinweis. Mit allem Drum und Dran, Post, Telefon, Friseur, … Emma hieß die Frau mit Nachnamen, und sie scheint eine Tante zu sein. Also nichts wie diesem Hinweis folgend, was blieb mir auch anderes übrig, wenn Moni vorfährt. Der Campingplatz liegt prima. Das ist schon einmal gut. Die Rezeption ist allerdings nicht besetzt. An den vier Hyttas, die wir entdecken, hängen Zettel bzw. eine ist schon bewohnt. Aber auf den Zetteln entdecken wir Hinweise, wie weiter zu verfahren ist. Eine der Hütten ist für diese Nacht frei. Immerhin wieder ein Dach über dem Kopf, eine gute gemütliche Sitzbankgruppe und die entsprechenden Kochstellen für die Zubereitung unseres Abendessens. Wie lernt man das doch hier als Biker in Norwegen schätzen.
Kurz nachdem wir uns für diese kleinere entschieden haben fährt ein Norweger vor, wohl ebenfalls auf der Suche nach einer Übernachtung. Er schaut sich die anderen, aber größeren und damit auch doppelt so teuren Hütten an und fährt nach dieser scheinbaren Erkenntnis wieder davon. Kurz danach trifft ein Engländer ein, mit einer Supersport. Es ist die erste, die ich hier in Norwegen sehe. Genau wie wir sehr schick mit seinem Regenkombi gekleidet. Schaut sich ebenso die noch freien Hütten der Reihe nach an und telefoniert anschließend. Moni’s Kommentar: „Jetzt kommen noch weitere Biker“.
War aber Fehlanzeige, erst am nächsten Tag kamen zwei weitere Männer zum Angeln, was unschwer an ihrer Ausrüstung zu erkennen war.
Als wir mit unseren Vorräten in die Gemeinschaftsküche gingen mussten wir feststellen, dass dort gerade eine Frau mit ihren vier Kindern dabei war, das Abendessen für sich zuzubereiten. Sie hatte damit nicht nur die Küche platzmäßig sondern auch, was die Geräuschkulisse anbelangte, vollständig eingenommen. Also zurück in unsere Hütte und dort auf unseren zwei Platten das Abendessen gezaubert. Geht ja auch.