Der erste Blick aus dem Fenster heute Morgen ließ nichts Gutes erahnen. Der Berg war nicht zu sehen, statt dessen eine weiße Wand aus Wolken. In den Pfützen spielten die Wassertropfen. Vielleicht sieht es ja in einer Stunde schon anders aus. So frühstückten wir erst einmal in aller Ruhe.
Aber auch nach dem gepflegten Frühstück sah unsere Welt nicht anders aus. Wettertechnisch hatte sich nichts verändert. Also eher etwas zum „verlängern“ und evtl. ein wenig Wandern, aber auf keinen Fall rein in die Regenkombis und die feuchte Motorradsitzbank gegen diese warme Hütte tauschen.
Wir zogen uns also unsere Wandersachen an und machen den drei Wasserfällen Hjellefossen, Avdalsfossen und Vettisfossen, die hier wie
an einer Perlenschnur aufgereiht sein sollen, unsere Aufwartung. Dabei soll der letzte dieser drei Wasserfälle, der Vettisfossen, der schönste und mit 275 Metern Fallhöhe auch der gewaltigste Norwegens sein.
Doch bevor wir den erreichten mussten wir immer wieder Schutz vor dem Regen suchen. Trockene Abschnitte wechselten sich ständig mit regennassen ab. Eigentlich auch kein Wanderwetter, aber immer noch besser als auf unseren Motorrädern sitzen und allein von der Gischt der nassen Fahrbahn sich so richtig einnässen zu lassen.
Beim Avdalsfossen erreichen wir einen kleinen Almhof in den wir einkehren, uns einen heißen Tee gönnen und natürlich richtig aufwärmen können.
Und wenn schon nicht das Nordkap, oder auch der nördlichste Punkt unseres Norwegenurlaubs – warum sollte ich dann nicht hier, ganz nah am größten Wasserfall Norwegens, in dieser mollig warmen Hütte, regengeschützt, …
Ich ergriff mir das Gästebuch und machte folgenden Eintrag:
„Norwegen im Regen, na ja, meistens die letzten drei Wochen. So auch heute wieder. Aber es hat auch etwas für sich, sonst wären wir heute Morgen weiter gefahren, ohne hier hinauf zu kommen, ohne diese Wasserfälle zu sehen.
Jetzt sitzt „dat moni“ neben mir, eigentlich die Chance sie zu fragen, ob sie die nächste Zeit mit mir verbringen will, ob sie es wagt, ihr Leben mit meinem zu teilen kurz, ob sie mich heiraten will.
Also frage ich sie: Und ihre Antwort? Wie mag sie wohl sein?
Gleich werde ich es wissen. Bestimmt.“
ralf
Ich schiebe ihr das Gästebuch zu, während ich weiterhin diesen leckeren Tee trinke, der mich vor allem auch von innen schön wärmt. Dabei schaue ich immer wieder zu Monika hinüber.
Nach ein paar Minuten des wohl reiflichen Überlegens erhalte ich dann auch die Antwort:
„Die Moni sagt ja“
Ein Heiratsantrag auf einem Almhof am Avdalsfossen. Fast genauso schön wie mein eigentlich geplanter an der Weltkugel am Nordkap. Jetzt müssen wir nur noch nach einem Termin schauen.
Mit diesem glücklichen Gefühl an einem ansonsten eher regnerischen und trüben Tag machten wir uns dann auf den weiteren Weg. Der war dann ebenfalls spannungsreich, führte uns über eine kleine Hängebrücke, bis wir dann endlich auch den letzten der drei Wasserfälle erreichten, eben den 
besagten Vettisfossen. 
Auch hier goss sich eine Unmenge an Wasser ins Tal. Und wir konnten uns vorstellen, dass diese riesige Wassermenge nicht allein durch den Regen der letzten Tage hervorgerufen wurde.
Wie schön und imposant mag das ganze erst bei trockenem Wetter, und noch besser, bei herrlichem Sonnenschein sich darbieten?
Nach einem kurzen Moment des Verweilens machten wir uns dann jedoch auf, den Rückweg zu unserer Hytta anzutreten.
Wie froh waren wir, bei diesem trüben und auch nasskalten Wetter uns in diese Hütte zurückziehen zu können und die nassen Jacken zum Trocknen auf zu hängen, statt wie unsere Motorräder draußen im Regen stehen zu müssen. Mit einem heißen Tee machten wir uns sodann an die weitere Tourplanung.
Als Rahmenbedingungen wurden dabei einbezogen:
- wir haben Morgen Montag und somit noch 5 Tage bis zur Abfahrt der Fähre in Oslo
- wir wollen uns auch noch Oslo anschauen, das wir ja am Beginn unserer Tour durch Norwegen ausgeklammert hatten
- wir haben auch noch rd. 550 km an Strecke vor uns