250 km
Gut dass wir uns gestern wieder einmal für eine Hytta entschieden hatten. Selbst in der Hytta war die Kälte des sternenklaren Himmels zu verspüren. Dieser wolkenlose Himmel war am nächsten Morgen zwar nicht in seiner Gesamtheit zu genießen, aber wir sind ja genügsamer geworden. Selbst ein paar Sonnenstrahlen an dem ansonsten mit Wolken durchsetztem Himmel rufen schon ein dankbares Lächeln hervor. Und nicht nur das, es kam sogar richtige Vorfreude auf diesen Tag auf, den wir mit Motorradfahren verbringen wollten. Wenn ich ehrlich bin, mir sind vorher schon Zweifel gekommen, ob ich vielleicht für solche Art Urlaub doch schon zu alt bin.
Vor allem wenn ich zusammengekauert mit beschlagenem Visier mal wieder hinter einem Wohnmobil herfahre, das mir mit seiner Gischt sämtliche Sicht nimmt. Während ich so auf dem Bike sitze sitzt er oder sie im trockenen, schön warm, vielleicht noch Musik hörend.
Aber heute und jetzt waren solche Gedanken schon nach wenigen Kilometern einfach wie weggewischt. Bei diesem Wetter, bei dieser Aussicht und vor allem bei diesen Straßen, sowohl vom Zustand und der Oberfläche her als auch dass sie total leer waren, naja, ab und an mal ein Auto. Und Moni hatte wieder einmal eine total schöne geile Nebenstrecke gefunden. Dafür hat sie ein Händchen, da kann bisher kein Navi mithalten. Und auch die Streckenbeschreibung aus den mitgenommen Führern.
Unser Ziel für heute ist Geiranger, aber getreu dem Motto der „Weg ist das Ziel“ lasse ich mich treiben bzw. fahre einfach Monika hinterher.
Dabei führt sie mich auch zum Briksdalsbreen, einem Nebenarm des größten Festlandsgletschers in Europa, dem Jostedalsbreen. Auch wenn wir nicht ganz dicht an ihn heranfahren, aber allein dieser Blick von weitem und dann der anschließende Blick durch die Kamera – es sind die einzelnen Eisschichten zu sehen und wie das Eis zusammen geschoben wurde. Irgendwann möchte ich doch noch einmal näher an einen Gletscher heran, vielleicht auch mit einer Gletscherwanderung verbunden. Aber da werden wir uns beeilen müssen. Ich denke dabei nur an den Rhone-Gletscher, wie klein der mittlerweile schon geworden und mit diesem überhaupt nicht zu vergleichen ist.
Auf einer direkt an der Straße liegenden Wiese legen wir eine herrliche Pause ein. Während wir einem naheliegenden Wasserfall zuhören und dabei das Wollgras im leichten Wind hin und her schaukelt genießen wir den Blick auf diesen Gletscher. Kein Mensch weit und breit, ebenso kommt nicht ein einziges Auto oder Motorrad die Straße entlang gefahren. Es ist einfach nur still, und das dann noch bei herrlichstem Sonnenschein.
Auch für die Fahrt nach Geiranger hatte Monika wieder mal ein Händchen bei ihrer Streckenwahl. Aber so viele Möglichkeiten gibt es ja nicht. Auf jeden Fall war die Fahrt wieder einmal herrlich. Den ganzen Tag Sonne, keinen Regen, und angenehme Temperaturen, das waren alle Voraussetzung für das Aufschlagen unseres Zeltes. Etwas außerhalb von Geiranger finden wir einen hübschen Platz. Wir sind auch nicht die Einzigen, die mittels eines Zeltes übernachten. Im Gegensatz zu anderen schlagen wir unser Zelt jedoch nicht direkt am Wasserfall auf, der sich auf dem Zeltplatz befindet, sondern halten immerhin noch ein wenig Abstand. Es wird sich jedoch noch herausstellen, dass auch dies noch zu wenig Abstand ist und wir den Wasserfall nachts richtig laut hören werden. Wir treffen hier auf dem Platz auch den ein oder anderen Biker wieder, dem wir vorher schon einmal begegnet sind, so auch die mopedfahrenden Russen, die wir in Bergen gesehen hatten. Von Beruf „Tochter“, meinte Moni. Zwei Afrika Twin und eine BMW F 650. Neue Klamotten einschließlich Zelten. So etwas wäre vor Jahren noch nicht denkbar gewesen.
Neben uns zwei Paare aus Bayern oder besser LI – Lindau. Eine K 100 und eine GS, aber beide auf einem Motorradtrailer, der von einem VW-Bus bzw. einem Mercedes-Bus gezogen werden. Ich wurde gerade Zeuge dabei, wie sie ihre Bikes verladen. Ziemlich penibel und gründlich, vor allem der GS-Eigner – Helm ab und Mütze auf, nachdem er die GS auf den Trailer gesetzt hatte. Während die beiden Männer die Maschinen verladen schauen ihnen – scheinbar ihre beiden Partnerinnen – gemütlich Kaffee trinkend, zu. So etwas müsste Monika sich einmal „erlauben“.